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Vom Abbruchkandidaten zum Kleinod. Der Kretzenmacher- oder Meßmerhof in Ludenhausen

Der Kretzenmacherhof in Ludenhausen kann am Sonntag besichtigt werden. Alle Fotos: Landratsamt Ludenhausen

Ludenhausen – Anlässlich des Tages des offenen Denkmals der Deutschen Stiftung Denkmalschutz am Sonntag, 11. September, unter dem Motto KulturSpur gibt es in Ludenhausen ein Kleinod zu besichtigen, das gerade aus dem Dornröschenschlaf erwacht und dabei Spuren seiner 360 Jahre alten Geschichte Preis gibt.

Seit drei Jahren saniert der neue Eigentümer Max Kümmeth das Gebäude mit der Architektin Verena Scolaro und im Denkmalschutz erfahrenen Handwerkern behutsam wie aufwändig und öffnet jetzt seine Baustelle für die Öffentlichkeit zu einem spannenden Zeitpunkt, denn neben bereits instandgesetzten Oberflächen bleiben auch historische Zeitschichten weiterhin sichtbar.

Dass dies möglich wird war nicht immer klar. Knapp sechs Jahre sind vergangen, seit die Untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises von verschiedenen Seiten auf das baufällige Haus aufmerksam gemacht wurde. Gleichzeitig trug sich ein Ludenhausner, der schon als Kind auf dem verlassenen Anwesen spielte mit dem Gedanken, dieses zu erwerben und wieder zum Leben zu erwecken. So wechselte das ehemalige Kleinbauernhaus in Ludenhausen am Kirchberg an der Abtsrieder Straße den Eigentümer und wurde im November 2017 schließlich in die Denkmalliste eingetragen.

Die in der Folgezeit durchgeführte Bauuntersuchung ergab, dass es sich bei dem Kretzenmacher- oder Meßmerhof um eine Hofstelle handelt, die schon vor dem Dreißigjährigen Krieg besiedelt war und zerstört wurde. In der Aufbauzeit nach dem langen Krieg ist das Haus neu errichtet worden. Für das Bauholz ergab die dendrochronologische Auswertung als Fälldatum die Jahre 1661/62. Der heutige Kernbau war ein einfaches Mittertennhaus. Das Erdgeschoß errichtete man in Blockbauweise, das Obergeschoß als Bohlen-Ständerbau. Es gab keinen eigenen Hausgang, die vom Tennentor abgeteilte Tür führte zur Stube, von dort kam man über die Kammerstiege zu den Kammern im Obergeschoß. Die Kochstelle, die keinen Kamin hatte, befand sich an der Nordwand im Flur. Dort dienten Kieselsteine mit Lehmschlag für die Herdstelle als Brandschutz.

Dieses karge Anwesen erweiterte man 1859/61 großzügig nach Osten: Das Dach wurde aufgesteilt, im Erdgeschoß entstanden eine eigene Küche und Nebenräume. Im 20. Jahrhundert wurden der Wirtschaftsteil weiter überformt und ein Anbau für den Stall errichtet.

Ziel der konservierenden Arbeiten der Jahre 2019-2022 im Baudenkmal war eine Reparatur mit möglichst geringen Eingriffen in die Haussubstanz, um es für die heutigen Bedürfnisse wieder bewohnbar zu machen. Dazu gehörten statische Sicherungen, Unterfangen der Fundamente, Ausgleichen von Höhendifferenzen, Reparatur und Ertüchtigung von Fenstern, Dach, Außen-und Innenputz.

Mit großer Sorgfalt konnten schließlich die farbigen Raumfassungen mit ihren Linierungen, Schablonierungen und Walzmustern bearbeitet werden.

Im Erdgeschoss zeigen sich die restaurierten Raumschalen schon im neuen Gewand mit originalgetreu gefassten Wandoberflächen und ergänzten Schablonierungen, die in erhaltenen Sichtfenstern bis zu 52 historische Farbschichten sichtbar werden lassen.
Im Obergeschoss bleibt hingegen alles beim Alten, die originalen Fassungen werden lediglich retuschiert.

Die Fenster wurden repariert, bekamen aber eine zweite Schicht als Kastenfenster, damit sie den energetischen Anforderungen gerecht werden.

In der Tenne bleibt die historische Blockwand mit Bachkatzeln und Lehmschlag erhalten und gibt so einen seltenen Einblick auf die Rückseite des Rohbaus.

In der Dorfmitte von Ludenhausen ist mit dem Kretzenmacherhof ein bäuerliches Anwesen wiedererstanden, das für den ganzen Landkreis von großer Bedeutung ist. Es hat sich eine Hausausstattung in bemerkenswerter Dichte erhalten: Fenster, Türen, Fußboden, Holzdecken sowie der Wandschmuck des 19.Jh; es sind wertvolle und selten gewordene Dokumente kleinbäuerlichen Wohnens. Erhalten haben sich als Zeugen des ehem. bäuerlichen Lebens weiter auch der Gemüsegarten, die Mistgrube, die Taubenhaltung und der Kran.

Darüberhinaus präsentiert sich nunmehr der neue Wohnteil in der ehem. Tenne für die weitere repräsentative Nutzung stimmig in Material und Formensprache, in Proportionen und Konstruktionsweisen.

Dort wird der Scheunenfund, eine Sammlung aus ca. 200 historischen Strukturwalzen zu sehen sein.

Wenn nun am Tag des offenen Denkmals der Hauseigentümer zwischen 11 und 16 Uhr Türen und Tore öffnet, kann er den am besten erhaltenen Profanbau des 17. Jah- rhunderts im Dorf vorführen, dem eine Bedeutung weit über Ludenhausen hinaus zugesprochen werden darf.

Der Tag wird tatkräftig unterstützt vom örtlichen Kulturförderverein Happerger, der im Hof mit Bewirtung, Getränken, Kleinigkeiten vom Grill, Kaffee und Kuchen für das leibliche Wohl sorgt.

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