Dießen/Seeshaupt – Obwohl Schafe zu den ältesten Nutztieren der Menschen gehören, stehen viele alte Rassen auf der Roten Liste, darunter das Alpine Steinschaf. Verena Hausmann hilft am Starnberger See, den Slow Food-Arche-Passagier zu erhalten. Das Gute ist: Wir alle können sie dabei genussvoll unterstützen.
Bereits seit 8000 vor Christus begleiten die wolligen Vierbeiner den Menschen. Die Tiere sind klein, robust und genügsam, liefern aber Wolle, Fell, Leder, Milch und schließlich auch Fleisch. Das Fell schützt die Tiere vor Kälte und Regen, so dass sie auch mit unwirtlichen Gegenden zurecht kommen können. Durch ihre Genügsamkeit beweiden sie Flächen, die für andere Tierarten zu karg, zu steinig oder steil wären. Im Hochgebirge halten sie somit Almen frei, in den Mittelgebirgen karstige Regionen, die sonst verbuschen würden. Daher sind sie ideale Landschaftspfleger, denn auf den von Schafen beweideten Flächen herrscht Vielfalt. Selten gewordene Pflanzen bleiben erhalten, ihre Blüten wiederum dienen vielen Schmetterlingen und anderen Insekten als Nahrung. Schafe können somit direkt im Naturschutz eingesetzt werden.
Dennoch: viele Schafsrassen sind vom Aussterben bedroht. Zu groß die Konkurrenz von Billigfleisch-Importen, auch niederpreisige Wolle kommt von weit her, so dass sich die Verwertung hierzulande kaum lohnt. Deshalb finden sich bei den sogenannten „Arche-Passagieren" von Slow Food mehrere heimische Schafsrassen wie etwa die kleinen Skudden mit ihren beeindruckenden Hörnern, die Heid- und die Moorschnucken oder das Rhönschaf mit seinem ehemals von den Franzosen hoch begehrten Fleisch. Und auf der Roten Liste findet man auch das Alpine Steinschaf, vor allem im Werdenfelser Land jahrhundertelang beheimatet und direkt vom sogenannten Torfschaf, einer der ersten Hausschafsrassen der Steinzeit, abstammt.
Vom Hobby zum Beruf
Durch den Kontakt mit Slow Food wurde Verena Hausmann aus Seeshaupt auf diese Schafsrasse aufmerksam gemacht. Es begann als Hobby und aus einer Mischung aus Neugier, Leidenschaft und Tierliebe. Immer schon, meint die engagierte Mutter von drei Töchtern, wollte sie Tiere halten. Sie informierte sich und absolvierte als Quereinsteigerin zahlreiche Weiterbildungen. Auf die Frage, warum gerade Schafe, überlegt sie nur kurz und antwortet: „Die Friedfertigkeit und die Vielseitigkeit dieser Tiere haben mich immer schon fasziniert." So zogen 2015 die ersten Schafe auf die gepachteten Weiden südlich des Starnberger Sees. Die Tiere leben selbst im kühlen Voralpenland ganzjährig im Freien, Unterstände genügen, Stallplätze benötigen nur die frisch geborenen Lämmer. Inzwischen ist die Herde auf rund 50 Tiere angewachsen, zu den Steinschafen gesellt sich seit 2020 eine kleine Gruppe Heidschnucken.
Genuss unterstützt Artenvielfalt
Engagierte Menschen tragen also dazu bei, bedrohte Nutztiere zu retten. Dennoch: Ein endgültiger Erfolg stellt sich erst ein, wenn sich solche Unternehmen auch finanzieren und aus dem Hobby Beruf werden kann. Als eingetragene Herdbuchzüchter verkauft die Familie Hausmann inzwischen Muttertiere und Schafböcke und berät angehende Schäfer.
Ein weiteres wichtiges Standbein, vielleicht das wichtigste, ist die Vermarktung des Fleischs der Tiere. Es ist eine Delikatesse, so die Geographin und diplomierte Erwachsenenbildnerin, und bestens geeignet, Menschen vom Genuss von Lammfleisch zu überzeugen, die sonst skeptisch sind. Das Fleisch sei mager und schmecke „eher wie Wild". Wer kosten möchte, kann es in mehreren Restaurants wie dem Broeding in München oder dem Dorfwirt in Unterammergau genießen. Der legendäre „Fischmeister" in Ambach verwandelt sogar das Fleisch älterer Schafe in Delikatessen wie „Irish Stew" oder indisches Curry – soweit der Vorrat reicht auch erhältlich auch eingeweckt in Gläsern für zuhause. Bereits überzeugte Genießer können Lämmer in Form einer „Patenschaft" vorbestellen. Das Tier wird liebevoll versorgt, im Alter von ca. 6-9 Monaten beim Metzger am Ort ohne Transportstress geschlachtet und nach Wunsch zerlegt. Diese Planungssicherheit stützt die Schäferei enorm.
Doch das Multitalent Schaf bietet noch mehr: Über das Projekt „Kollektion der Vielfalt" werden Felle und Wolle in kleinen Betrieben veredelt. Von Strickwolle bedrohter Rassen über Felle und Kleidung bis hin zu Wohntextilien reicht das Angebot. Eine der pfiffigsten Ideen dürften die Düngepellets aus den verschmutzten Fellteilen der Tiere sein. Die Pellets sind ein hochwertiger Langzeitdünger für Balkonpflanzen ebenso wie Gemüse – rein natürlich und ökologisch.
Hier finden Sie viele Informationen über Verena Hausmanns Schafprojekte und Bezugsquellen für Fleisch, Wurst, Wolle und Düngepellets.
www.metzgerei-schmid-penzberg.de
Hier erhalten Sie Fleisch, Schinken und Wurst
Restaurants:
Zum Fischmeister, Ambach
Broeding, München
Dorfwirt, Unterammergau
Dünge-Pellets gibt es u.a. bei Markus Schnitzler
und in der Markthalle in Dießen am Ammersee.
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