Dießen – Im modernen deutschen Sprachgebrauch gibt es kaum noch einen Bereich, der nicht von englischen Begriffen durchzogen ist. Besonders beliebt: matchen, dealen, pitchen, roundabout und on top. Wer heute etwas auf sich hält – sei es im Beruf, im Studium oder auf Social Media –, greift selbstverständlich zu diesen Vokabeln. Sie klingen locker, global, clever. Es matcht einfach besser, als „es passt". Ein Pitch klingt nach Aufbruch und Innovation, während eine schlichte „Vorstellung" irgendwie verstaubt wirkt.
Doch diese sprachliche Modernisierung hat auch ihre Kehrseite: Sie schließt aus. Wer nicht weiß, was ein Pitch ist oder was ein roundabout 2000 Euro bedeutet, der versteht schlicht nicht mehr, worum es geht. Vor allem ältere Menschen, Menschen mit wenig Englischhintergrund oder solche, die außerhalb der Business- oder Startup-Blase leben, bleiben außen vor. Sprache, die eigentlich verbinden soll, wird zum Geheimbund.
Und die Liste an Begriffen wächst ständig. Neulich hörte ich jemanden sagen, er müsse noch ein Briefing vorbereiten, bevor er ins Kick-off-Meeting geht. Danach würde er on top noch ein Follow-up schicken. Wer das nicht versteht, lebt anscheinend sprachlich in der Kreidezeit.
Besonders absurd wird es, wenn Anglizismen dort verwendet werden, wo es völlig unnötig wäre. Warum sagen wir „ein Bus kommt alle fünf Minuten", aber in der Technik reden wir von einem Bus-System? Warum reicht „ungefähr" nicht, sondern es muss roundabout heißen? Und warum muss ein Geschäft ein Deal sein – ist eine Abmachung nicht solide genug?
Natürlich entwickeln sich Sprachen ständig weiter. Fremdwörter gab es schon immer, und viele von ihnen sind längst eingedeutscht: Fenster (von lat. fenestra), Trottoir (französisch), Kaffee (arabisch). Aber die Geschwindigkeit und der Umfang, mit dem heute Anglizismen in die Alltagssprache einfließen, ist neu. Und oft geht es weniger um echten Bedarf, sondern eher um Stil: Wer Denglisch spricht, zeigt, dass er am Puls der Zeit ist, dass er international denkt, dass er flexibel ist. Kurz: Anglizismen sind zu Distinktionsmerkmalen geworden. Sie trennen „die Wissenden" von „den Abgehängten".
Natürlich könnte man sagen: Sprache darf alles. Sprache darf kreativ, lustig, bunt sein. Aber Sprache sollte auch zugänglich bleiben. Wer sich ständig in Buzzwords verliert, läuft Gefahr, andere Menschen auszuschließen – nicht, weil sie dümmer wären, sondern einfach, weil sie sich nicht in dieser neuen, glitzernden Scheinwelt aus Pitches, Deals und Kick-offs bewegen. Vielleicht sollten wir uns also öfter fragen: Geht es auch auf Deutsch? Und wenn ja – warum sollten wir uns das nicht gönnen? In diesem Sinne: Vielleicht einfach mal wieder updaten – äh, aktualisieren –, wie wir sprechen.
When you subscribe to the blog, we will send you an e-mail when there are new updates on the site so you wouldn't miss them.
By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://www.aloys.news/
Comments