Pähl/München – In einem Interview mit dem Münchner Merkur in der Wochenendausgabe vom 15./16. Januar erklärte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, er habe über den Jahreswechsel lange nachgedacht und aus "diesen zwei Corona-Jahren tiefe Lehren gezogen". Wenn es ihm ernst damit ist, sollte er über sein eigenes Fehlverhalten nachdenken. Wir erinnern uns, zu Beginn der Pandemie, im Frühjahr 2020, erließ die Staatsregierung die bundesweit schärfsten Ausgangsbeschränkungen. Man durfte das Haus nur noch zu bestimmten Zwecken verlassen und nur mit Mitgliedern des eigenen Haushaltes unterwegs sein.
Diese Bestimmungen waren völlig unverhältnismäßig, mehr noch, sie standen im Widerspruch zu dem, was die "Wissenschaft" sagte. Das Robert Koch Institut (RKI) hatte in seinem Bulletin 12-2020 am 19. März, also einen Tag vor dem Erlass der Ausgangsbeschränkungen empfohlen, als Ausgleich für den Wegfall des normalen sozialen Lebens, sich mit Freunden oder Bekannten zu Spaziergängen "mit Abstand" zu verabreden.
Einen Tag nach dem Erlass der Ausgangsbeschränkungen, am 22. März 2020, legte die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) ein „Konzept" für den Umgang mit der Epidemie vor und beurteilte die Situation ebenso wie das RKI. Ausgangssperren im umfassenden Sinn seien nicht notwendig. Den Menschen solle die Möglichkeit gegeben werden, in Kleingruppen spazieren zu gehen, um etwas Lebensfreude zu gewinnen. Wenn dabei auf „Abstand" geachtet werde, bestehe kein Risiko, sich anzustecken.
Weder das RKI Bulletin noch diese Stellungnahme von ausgewiesenen Experten wurden von der Staatsregierung zur Kenntnis genommen. Sechs Wochen lang, bis zum 5. Mai, durften die Menschen in Bayern nicht mit Freunden oder Bekannten spazieren gehen. Dabei wäre gerade das in der schwierigen Zeit eine große Wohltat gewesen. Doch die Staatsregierung stellte das unter Strafe.
Es wäre an der Zeit, dass sich der Ministerpräsident dafür entschuldigt. Zu denken ist auch an die völlig überflüssige Sperrung von Spielplätzen, das Verbot von Sport für Kinder und Jugendliche im Freien, die Schließung von Geschäften und vieles andere mehr.
Sein neues Denken könnte der Ministerpräsident in einer Sache gleich unter Beweis stellen. In dem Interview sagte er, in mancher Hinsicht sei Bayern bei Schutzvorkehrungen konsequenter als andere Länder und führte die FFP2-Maskenpflicht an. Dabei ist der Einsatz von FFP2-Masken außerhalb des Gesundheitswesens nicht sinnvoll, so sieht es jedenfalls die bereits erwähnte Fachgesellschaft DGKH. In einer Stellungnahme vom 7. Juli 2021 stellt sie fest: FFP2-Masken sind keine Option für die Bevölkerung.
Es wäre viel gewonnen, wenn von nun an die Staatsregierung auf die Experten hörte und nicht ihren eigenen Eingebungen folgte. Soweit noch Schutzmaßnahmen erforderlich sind, sollte das in Kooperation mit den Betroffenen geregelt und nicht wie bislang von oben verordnet werden.
Zum Autor:
Der Diplom Physiker Hans Dieter Sauer lebt seit mehreren Jahren in Pähl. Der passionierte Bergsteiger befindet sich seit Jahren im Rentenalter, schreibt aber nach wie vor über Energie- und Umweltfragen, viele Jahre auch für die Neue Zürcher Zeitung. Corona ist also an sich nicht sein Metier, aber die Politik der Bayerischen Staatsregierung hat ihn dazu „gezwungen", sich mit der Materie zu befassen, und zwar so intensiv, dass daraus ein Buch geworden ist, das er gerade fertigstellt.
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