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Nach 18 Tagen allein auf See: Der Schondorfer Piendl ist in Sydney angekommen. Von Thomas Ernstberger

Paul Piendl war 18 Tage allein auf dem Meer. Foto: Paul Piendl

Schondorf/Sydney – Willkommen auf dem fünften Kontinent! Der Schondorfer Weltumsegler Paul Piendl hat's geschafft, ist nach 18 Tagen allein auf dem Pazifik mit seiner Wasa in Australien angekommen und hat mittlerweile in Sydney die englische „Yachtmaster"-Kapitänslizenz erworben. „Sie gilt europaweit und ich darf damit kommerziell auf Yachten als Skipper arbeiten", erzählt der 23-jährige Abenteurer im Gespräch mit aloys.news. Und er sagt: „So schön die tropischen Inseln, die Palmen, die weißen Strände und die Traumziele in der Südsee waren, ich habe mich auf die westliche Welt gefreut. Die ersten Tage waren natürlich ziemlich abgefahren: Autos, viele Menschen, Parks, Shopping Malls, Hochhäuser, Einkaufen bei Aldi – das war ich ja alles nicht mehr gewöhnt."


Ein echter „Kulturschock" nach der langen und anstengenden „Anreise" von Inselstaat Fidschi im Südpazifik aus. 18 Tage ganz allein auf hoher See, ein Satellitentelefon als einzige Verbindung zur Außenwelt. Warum tut man sich das an, warum holt man sich für so eine lange Passage keine Crew an Bord? Paul erklärt's: „Ich wollte einfach mal erfahren, wie das ist, allein zu sein. Ob ich allein klarkomme, ob ich das Boot im Griff habe, was das Alleinsein alles mit einem macht". Piendls Erkenntnis nach seiner „ersten ernstzunehmenden Einhand-Überfahrt" bei der Ankunft in Down Under: „Ich bin ohne größere Probleme klargekommen – aber ich brauch's nicht noch einmal so lange. Mit Freunden, bzw. einer Crew macht's doch mehr Spaß." Die größten Probleme hatte der Schondorfer am Anfang seines 1800-Seemeilen-Trips (ca. 3335 Kilometer) „In den ersten drei Tagen hatte ich oft absolute Flaute. Der Motor hämmerte nahezu ununterbrochen vor sich hin. Starke Böen, die vor allem nachts aus dem Nichts kommend über mich und das Boot herzogen, hielten mich beschäftigt und raubten mir das letzte bisschen Schlaf. Ich fing schon an an, an meinem Plan zu zweifeln: Will ich wirklich 18 Tage alleine segeln? Da ich kaum vorwärts kam, begann ich, mir Sorgen zu machen: Ich fragte mich, schaffe ich es rechtzeitig zu meinem Kurs nach Australien oder habe ich einfach nur eine Menge Geld in den Sand gesetzt? Wie lange reichen meine Vorräte? Ich hatte niemanden, um über diese Gedanken zu sprechen. So geisterten sie abends, wenn ich versuchte einzuschlafen, in meinem Kopf herum und hielten mich wach. Mit zunehmenden Wind kam auch langsam mein Selbstvertrauen wieder zurück", gibt Paul einen kleinen Einblick in seine Gefühlswelt." 


Richtig heftig wurden dann die 70 Stunden vor der Ankunft: „Die letzten Tage waren schlimm. Ich war etwa 130 Seemeilen nördlich von Sydney und 70 Seemeilen von der Küste Australiens entfernt, als ein Sturm mit über 40 und in Böen weit über 50 Knoten aufzog. Wie stark der Wind tatsächlich war, kann ich nicht sagen – meine Windmessanlage hatte klein beigegeben. Es war definitiv schlimmer als alles zuvor. So etwas hatte ich noch nicht erlebt: Wasser überall! Die Wellen schlugen über das Deck, die eiskalte Gischt knallte mir mit einer solchen Wucht ins Gesicht, dass es weh tat. Wenn das Boot gegen die Wellen knallte, fand ich mich plötzlich knietief im Wasser stehend wieder. Ich schlief, wenn man davon sprechen kann, eingekeilt zwischen Koje und Saloontisch auf dem Boden auf einer Isomatte und einem Segelsack. Stündlich klingelte ein Wecker, damit ich den Kurs kontrollieren und nach Frachtschiffen Ausschau halten konnte. Im Schnitt funkte ich jede Nacht mit drei Frachtern, um sicher zu gehen, dass wir uns nicht zu nahe kommen würden. Ich war sehr erleichtert, als nach 20 Stunden der Wind langsam wieder abnahm. Die 20 bis 30 Knoten, die mein Windmesser dann wieder anzeigte, kamen mir fast vor wie Flaute. In der Früh um vier Uhr segelte ich meine letzte Wende und nahm dann direkten Kurs auf Sydney."


Hier ist jetzt Frühling mit „frischen Abenden", hier lebt Piendl auf seinem Boot („weil Sydney eine teure Stadt ist"). Er arbeitet als Dock-Manager im Yachtlub, wird im Dezember als Crew-Mitglied auf einem deutschen Boot an der Sydney-Hobart-Regatta teilnehmen, will Geld verdienen und „bis März/Mitte April" in Australien bleiben. Die nächsten Ziele heißen dann Neukaldeonien und Indonesien.
*
Weitere Infos und Paul Piendls blog auf www.sv-wasa.de.
Thomas Ernstberger

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