Folge 59
Mein Schiff Nr. 12, die „Prins Willem II"… gehörte zwar nicht mir, sondern der Oranje Lijn (Anthony Veder) in Rotterdam, die kurz vorher mit der norwegischen Fjell-Gruppe fusioniert hatte, um der enormen Konkurrenz aus West-Europa, insbesondere aus Deutschland, in der Fahrt auf die Großen Seen von Nord-Amerika zu begegnen. Diese Fusion entsprang einer schon fast persönlichen Freundschaft zwischen den beteiligten Reedern. Die „Prins Willem II" gehörte zu einer ganz besonderen Schiffsklasse, den sogenannten „Lakern", was bedeutet, dass diese Schiffe geeignet sind, die Großen Seen von Nord-Amerika, die Great Lakes, zu befahren. Das Schiff besaß auf den Zentimeter genau die Abmessungen, die es ihm ermöglichten, die Schleusen vom Welland-Kanal im wahrsten Sinne des Wortes auszunützen. Auf diese Einzelheiten komme ich beim nächsten (Schwester)Schiff zurück, denn sie stehen hier noch nicht zur Debatte. - Das Schiff war deswegen nur 1550 brt groß, konnte 12 Passagiere mitnehmen und hatte das internationale Rufzeichen PGWJ. Als besondere elektronische Ausrüstung hatte es Radar und Sprechfunk, letzterer für mich Neuland, wobei ich eine gewisse Scheu zu überwinden hatte.
Jedenfalls hatte ich mit diesem Schiff die große Freude, eine der interessantesten Küstenreisen zu machen, da wir mit ihm in einem Mal drei große und längere Flüsse befuhren und somit vom Wasser her beobachten konnten, wie es sich so am Ufer leben llässt. Die einen bauten sich feudale Villen an das Hochufer der Elbe und die anderen setzten noch eins drauf, indem die Bewohner Häuschen hinsetzten, die man an der Seine und anderswo gemeinhin als Schlösser bezeichnet.
Le Havre war unser erster Anlaufhafen auf dieser Küstenreise und schockierte mich durch seine entsetzliche Zerstörung, die diese Stadt im Krieg über sich ergehen lassen musste. Le Havre war ein wichtiger strategischer Kriegshafen für die deutsche Marine, der von den Alliierten systematisch in Schutt und Asche gelegt worden war. Umso bewundernswerter war seine Wiederauferstehung aus Ruinen. Besonders beeindruckte mich die Kathedrale mit seinem Turm, der bis in die Spitze aus einem Stück Beton gegossen wurde. Ich legte mich dazu auf eine Kirchenbank und fotografierte dieses architektonische Meisterwerk aus der Rückenlage. Das Resultat konnte sich tatsächlich sehen lassen und gibt einen Eindruck vom Inneren der Kirche bis hinauf in die 107 Meter hohe Turmspitze.
Die Fahrt mit dem Schiff die Seine entlang wirft die Frage auf, wofür wir eigentlich bei der christlichen Seefahrt ein Gehalt bekommen statt für jede Seereise bezahlen zu müssen, wie andere normale Menschen auch. Eine dieser Wunderfahrten ist die Fahrt mit der PWII zum Endpunkt Rouen, einer Stadt mitten im Herzen Frankreichs. Rouen ist unglaublicherweise ein Seehafen, was man der Stadt aber nicht ansieht. Die Altstadt wurde im Krieg schwer heimgesucht. So erhielt die die gotische Kathedrale alleine schon sechs Volltreffer. Sie bietet trotzdem so viele Sehenswürdigkeiten, deren wichtigste wohl die Stelle ist, an der Jeanne d'Arc auf dem Scheiterhaufen ihr junges Leben lassen musste.
Die aus einem Stück gegossene Turmspitze der Kathedrale von Le Havre rücklings von der Kirchen-Bank aus fotografiert.Weniger spektakulär dagegen ist die Fahrt nach Antwerpen, die Stadt dagegen macht vieles gut und ist ein Traum, den man gesehen haben muss.
Hamburg kennt man langsam auswendig. Die Fahrt an der niederländischen Küste entlang, an den Watteninseln und den Leuchttürmen an der Elbemündung, dem Willkommenshöft vorbei und die wunderschöne Elbe mit ihrem Hochufer in die weit im Binnenland gelegene Hafenstadt bietet viel und ungeahnt Schönes, wenn man empfänglich dafür ist.
Der Ort der Hinrichtung von Jeanne d'Arc in Rouen (Der Passant verdeckt leider die Stelle zur Hälfte)Unvorstellbar, dass diese Reise nur zehn Tage gedauert hat...
Fortsetzung folgt
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