Dießen – Es war das größte Sport-Ereignis, das jemals im Ammersee-Gebiet stattfand. Weit über 10 000 Zuschauer - die genaue Zahl konnte nie ermittelt werden, da die 10 000 gedruckten Tickets ausgingen - kamen am 17. Februar 1963 zum 2. Eis-Rennen, das vor Dießen auf dem damals (noch) komplett zugefrorenen Ammersee auf einem 900-Meter-Oval-Kurs ausgetragen wurde. Das erste Rennen auf dem See hatte bereits 1929 in einem viel kleineren Rahmen („nur" 2000 Zuschauer) stattgefunden. Das zweite, Ersatz für das abgesagte Eibsee-Rennen, brach dann alle Rekorde – ein Spektakel, das einzigartig bleiben sollte. Und das alle Erwartungen übertraf.


Das ist jetzt genau 60 Jahre her. Und heute (nicht nur wegen der nicht vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen entlang der Strecke und des mit 4000 Autos komplett zugeparkten Orts) nicht mehr vorstellbar: Tauwetter hatte längst eingesetzt, das Eis über dem an der Rennstrecke 15 Meter tiefen See drohte zu brechen. Offiziell hieß es, das Eis sei 60 Zentimeter dick – 30 bis höchstens 40 Zentimeter entsprachen wohl eher der Realität.


Menschenmassen - Besucher von weit über das Fünfseenland hinaus, die gesamte Lokal-Prominenz incl. Landrat Bernhard Müller-Hahl und diverse Film-Teams - strömten an diesem Sonntag Mittag an den Ammersee zur Eisstrecke, die zwei Wochen lang sorgsam von den Mitgliedern des Motorsport-Clubs Dießen (MCD) präpariert worden war. Viele kamen zu Fuß von Herrsching rüber und an den Kassenhäuschen und Zugängen (der offizielle Haupteingang befand sich an der Dießener Seepromenade) gab's Wartezeiten von bis zu zwei Stunden. Verständlich: Bei diesem Spektakel im kältesten Winter seit 20 Jahren war die ganze bayerische Motorsport-Elite, auch die besten Sand- und Grasbahnfahrer, am Start. Darunter auch Paul Hart, der Lokalmatador vom MCD, mit der Startnummer 1. „Die Veranstaltung war eine Sensation für uns und die Organisation vom Feinsten", erzählt der damals 18 Jahre alte Fischermeister und Zeitzeuge Simon Rauch.
13 Rennen standen auf dem Programm: Je vier für Motorräder (mit selbst gefertigten Reifen mit riesigen Spezial-Spikes), Seitenwagen und Autos sowie der Ringmaier Bootswerft-Sonderlauf für GT-Wagen bis 1600 ccm, alles Porsches 356. Hart gewann das Rennen in der Klasse bis 175 Kubik, der Dießener Rudi Hofmann wurde mit Beifahrer Roland Hohenester Zweiter in der 750 ccm-Seitenwagen-Klasse. Der Star des Sonntags unter dem damaligen Spitzturm (1996 ersetzt) der Klosterkirche war allerdings eine Münchner Rennfahrer-Legende: Sepp Greger (1915 bis 2010) ging mit drei Autos in drei Klassen an den Start – und gewann in jeder Klasse.


Ein rundum gelungenes Großereignis – da waren sich die Veranstalter um Organisator und Rennleiter Josef Köglmayr mit Bürgermeister Max Weiher einig. Alle waren happy, dass die Rennen bei Geschwindigkeiten um die 100 Stundenkilometer ohne Unfall über die Bühne gingen. Und sie hatten auch eine Portion Glück, dass das tauende Eis hielt. Gleich in den Tagen nach dem Rennen brach die Eisdecke auf – und das Rennoval, das mehr als zwei Wochen lang gehegt und gepflegt wurde, verschwand für immer im Ammersee. 

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