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SPORTKOLUMNE GANZ NAH DRAN. Erinnerungen an Handball-Superstar Wunderlich. Von THOMAS ERNSTBERGER

„Sepp“ Wunderlich (hinten) 1993 in Starnberg mit Prinz Poldi von Bayern, Christa Kinshofer und Thomas Berthold (v. l.) Foto: Thomas Ernstberger

Dießen – Es ist Handball-WM! Und die deutsche Mannschaft ist schon mal Vorrunden-Gruppensieger. Sie macht definitiv viel mehr Spaß als unsere Fußballer bei der Wüsten-WM in Katar.
Wenn ich Handball im TV sehe, muss ich immer an den besten Handballspieler denken, den Deutschland je hatte: An Erhard Wunderlich, den „Handballer des Jahrhunderts", der leider am 4. Oktober 2012 mit nur 55 Jahren viel zu früh verstorben ist. Er hat so viel gewonnen - aber den Kampf gegen den Krebs verloren.
Der „Sepp", wie ihn alle nannten, spielte 140 mal in der Nationalmannschaft, er war mit 21 schon Weltmeister, gewann mit Deutschland Silber bei Olympia 1980 in Los Angeles. Er war Europapokalsieger, spielte für den VfL Gummersbach, den FC Barcelona – und den TSV Milbertshofen. Als Manager von „Mil" holte das Handball-Genie 1991 sogar den Europapokal der Pokalsieger nach München. Und als TSV-„Teamchef" feierte Wunderlich im Dress von Milbertshofen im Januar 1993 sogar ein völlig überraschendes Comeback in der Bundesliga.
Genau bei diesem Spiel, vor exakt 30 Jahren, lernte ich den Handball-Star kennen. Ich werde es nie vergessen: Mit den Worten „Wir brauchen noch eine Geschichte. Heute spielt Milbertshofen gegen Düsseldorf. Geh' da mal hin - und red' mit dem Wunderlich" schickte mich mein Chef damals in die Gebrüder Apfelbeck-Halle. Dazu muss ich anmerken: Ich kam aus Starnberg und war zu dieser Zeit noch keine vier Wochen Redakteur in einer großen Sportredaktion in München. Mit einem echten Sport-„Star" hatte ich es bis dato noch nie so richtig zu tun gehabt. Ich war natürlich ziemlich nervös – und bekam dann dank des Wunderlich-Comebacks eine wunderbare Story sozusagen „frei Haus" geliefert. Sepp, den 36-jährigen Teammanager, der seine aktive Laufbahn eigentlich längst beendet hatte, hielt es in diesem Spiel nicht mehr auf der Trainerbank. Er zog sich zur Überraschung aller das rote Trikot mit der Nummer 13 über und wechselte sich fortan bei jedem Angriff selbst ein. Trotzdem reichte es nur zu einem 20:20 und meine Überschrift am nächsten Tag lautete: „Auch alter Wunderlich schaffte das Wunder nicht!"
Nach dem Spiel sprach ich tatsächlich mit dem Welthandballer. Wir waren damals gleich alt, verstanden uns auf Anhieb. Es folgten über Jahre hinweg zahlreiche Telefonate, die meisten natürlich beruflich, aber auch viele Treffen mit dem gebürtigen Augsburger, der in Seeshaupt am Starnberger See ein Unternehmen für Bürosysteme betrieb. Der Sepp verkehrte gerne in den Kreisen der Starnberger Sport-VIPS. Ich erinnere mich noch gut an die Feier für die frischgebackene Ski-Weltmeisterin Miriam Vogt, der er wie die Auto-Rennfahrer Prinz Poldi von Bayern und Christian Danner, Fußball-Weltmeister Thomas Berthold oder Ski-Ass Christa Kinshofer einen rauschenden Empfang bereitete. Auch bei diversen Golf-Turnieren war der Handball-Superstar, der bis 2006 ein Hotel am Mondsee (Österreich), die „Villa Wunderlich", betrieb, ein gern gesehener Gast.
Ich wusste, dass der 2,04-Meter-Hüne ein gesundheitliches Problem hatte, aber ich ahnte nicht, wie ernst die Situation war. Die Nachricht „Erhard Wunderlich ist tot" hat mich im Oktober 2012 tief getroffen. Weil er, auch wenn manche etwas andere behaupten, ein prima, offener Typ war, mit dem man wunderbar zusammenarbeiten konnte. Wunderlich wurde übrigens auf dem Augsburger Westfriedhof beerdigt. Und mittlerweile nach Bergisch-Gladbach (da lebte er zuletzt) „umgebettet".

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