München - Die Abgabefrist ist abgelaufen und Sie haben immer noch keine Steuererklärung abgegeben?  Wenn Sie dies zeitnah nach Fristablauf nachholen, sind in der Regel keine weitreichenden Konsequenzen zu befürchten, vor allem, wenn es sich um ein einmaliges Versehen handelt. Doch so leicht kommen nicht alle Säumigen davon, je nachdem wie viel Zeit Sie nach der Frist verstreichen lassen und wie Sie ggf. auf schriftliche Erinnerungen des Finanzamts reagieren. Auch der Tatbestand einer Steuerhinterziehung kann mit der verspäteten Abgabe der Steuererklärung erfüllt sein. Wir zeigen Ihnen, welche Strafen durch eine verspätet abgegebene Steuererklärung drohen und wann solch ein Sachverhalt als Steuerhinterziehung verfolgt wird.

 Verspätete Abgabe der Steuererklärung – die wichtigsten Fakten:
1 betrifft nur Personen mit Pflichtveranlagung
2 Fristverlängerung ist möglich, aber nur in Ausnahmefällen
3 Mögliche Folgen: Verspätungszuschlag, Zwangsgeld, Schätzung
4 ggf. Steuerhinterziehung nach § 370 AO durch Unterlassen oder Verhinderung einer rechtzeitigen Festsetzung der Steuer




Wer ist zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet und damit an Fristen gebunden? Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, u.a. von der Art und Höhe der Einkünfte oder der Veranlagungsart. Arbeitnehmer sind z.B. in folgenden Fällen zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet:
1 Ehepaare mit Steuerklassen 3 und 5
2 Arbeitnehmer erhalten von mehreren Arbeitgebern Lohn
3 vom Finanzamt eingetragene Freibeträge
4 außerordentliche Einkünfte
5 Erhalt von Lohnersatzleistungen (z.B. Arbeitslosengeld, Elterngeld) neben dem Gehalt

Wer sich steuerlich nicht beraten/unterstützen lässt, hat normalerweise bis zum 31. Juli des Folgejahres Zeit, die Steuererklärung abzugeben. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Frist allerdings für die Abgabe der Steuererklärung für 2021 nach hinten verschoben – auf den 31. Oktober 2022. Mit Vertretung durch einen Steuerberater haben Sie wesentlich länger Zeit, nämlich bis zum 28./29.02. des nächsten Folgejahres, also maximal bis 14 Monate nach dem Besteuerungsjahr. Auch hier gibt es wg. Corona eine Ausnahme: Die Abgabe der Steuererklärung für 2021 muss bis spätestens 31. August 2023 erfolgen. Sind Fristverlängerungen für die Abgabe der Steuerverlängerungen möglich? Es ist grundsätzlich möglich, beim Finanzamt eine individuelle Verlängerung der Abgabefrist zu beantragen. Dafür müssen Sie das Finanzamt schriftlich um eine Verlängerung bitten. Das Finanzamt ist aber nicht dazu verpflichtet, eine Verlängerung zu gewähren. Seit 2019 ist es übrigens deutlich schwieriger, eine Fristverlängerung beim Finanzamt zu bekommen. Nur wenn die Abgabe ohne eigenes Verschulden nicht zum gesetzlichen Termin möglich ist, kann eine Fristverlängerung beantragt werden.


Eine Fristverlängerung der "anderen Art" ist auch möglich, wenn Sie bisher Ihre Steuererklärung selbst gemacht haben und nun professionelle Unterstützung von einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein in Anspruch nehmen. In dem Fall ist die Frist zur Abgabe der Steuererklärung des vergangenen Jahres der letzte Februartag des übernächsten Jahres (bzw. wie oben schon erwähnt für 2021 der 31. August 2023 aufgrund der Corona-Pandemie). 
Welche Strafen drohen bei einer zu spät abgegebenen Steuererklärung?
Bei erstmaligen oder geringfügigen Pflichtverstößen verzichtet das Finanzamt in der Regel darauf, ein Steuerstrafverfahren einzuleiten. Die Steuerbehörde kann aber dennoch einen Verspätungszuschlag festsetzen.

 Verspätungszuschlag – wann und wie viel?
Die Festlegung des Verspätungszuschlags liegt immer im Ermessen der Behörde. Anders sieht die Sache aus, wenn Sie Ihre Steuererklärung nicht innerhalb von 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungsjahres abgeben. Dann müssen Sie auf jeden Fall einen Versäumniszuschlag in Kauf nehmen. Die Höhe des Verspätungszuschlags ist seit 2019 gesetzlich festgelegt (vorher konnten ihn die Beamten selbst festlegen). Er beläuft sich auf 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 Europro Verspätungsmonat. Der maximale Verspätungszuschlag beträgt 25.000 Euro. Im Steuerbescheid wird der Verspätungszuschlag automatisch zur Steuerschuld addiert bzw. von der Steuererstattung abgezogen.

 Weitere Maßnahmen des Finanzamtes. Wer die Frist zur Abgabe der Steuererklärung überschreitet und danach auch schriftliche Aufforderungen des Finanzamts ignoriert, kann mit einer Zwangsgeldanforderung von der Steuerbehörde konfrontiert werden. In diesem Schreiben erhalten die Betroffenen eine letzte Frist zur Abgabe der Steuererklärung. Wenn sie auch diese Frist nicht einhalten, setzt das Finanzamt das Zwangsgeld fest. Bei der Höhe des Zwangsgeldes haben die Finanzbeamten einen Ermessensspielraum, wobei maximal 25.000 Euro möglich sind. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Ersatzzwangshaft, falls die festgelegte Geldsumme als uneinbringlich eingestuft wird.


Das letzte Mittel des Finanzamtes ist die Steuerschätzung. Sie greift, wenn die Betroffenen alle vorherigen Aufforderungen ignorieren. Das Finanzamt schätzt demnach das Einkommen, berechnet daraus die Steuern und verbindet das Ganze mit einem Versäumniszuschlag.
Aber Vorsicht: Auch wenn das Finanzamt eine Schätzung vornimmt, entbindet das Betroffene nicht von der Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung oder von der Nachreichung fehlender Angaben. Davon abgesehen wächst der Verspätungszuschlag stetig an. Neben diesen steuerlichen Folgen werden hier regelmäßig auch Steuerstrafverfahren eingeleitet. Man sollte daher aus steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Gründen unbedingt fristwahrend tätig werden. Es kann passieren, dass Sie vom Finanzamt zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert werden, sofern Sie zur Abgabe verpflichtet sind. Das Amt muss aber diese Aufforderung nicht schicken, da die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung gesetzlich verankert ist.


Warum kann die verspätete Abgabe der Steuererklärung eine Steuerhinterziehung sein?
Bei der verspäteten Abgabe der Steuererklärung kann der Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen erfüllt sein (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Auch wenn die Steuer durch die verspätete Abgabe nicht rechtzeitig festgesetzt werden kann, liegt gemäß § 370 Abs. 4 AO eine Steuerverkürzung vor. Auch eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO ist möglich.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die später abgegebene Erklärung vollständig und richtig ist.
Genaugenommen ist fast jede zu spät abgegebene Steuererklärung eine Steuerhinterziehung oder besser gesagt eine Steuerhinterziehung auf Zeit. Die Finanzbehörde leitet aber deshalb nicht jedes Mal ein Strafverfahren ein. Das passiert in der Regel nur, wenn:
1 die Frist bereits sehr lange überschritten ist
2 die Vermutung nahe liegt, dass Betroffene vorsätzlich gehandelt haben und die Steuererklärung absichtlich aus bestimmten Gründen nicht fristgerecht abgegeben haben
3 der Steuerpflichtige sehr hohe Einkünfte hat

Strafbefreiende Selbstanzeige durch verspätete Abgabe der Steuererklärung
Erfolgt die Einreichung von Steuererklärungen nach Tatvollendung, so ist das grundsätzlich eine strafbefreiende Selbstanzeige gemäß § 371 AO. Damit die Selbstanzeige wirksam ist, müssen jedoch viele Regeln beachtet werden. Der Vorgang wird zudem noch einmal verkompliziert, weil diese Regeln in den letzten Jahren immer weiter verschärft wurden. So ist z.B. bei der verspäteten Abgabe vor allem zu prüfen, ob der Versuch oder die Vollendung der Steuerhinterziehung noch für weitere Jahre vorliegt. Ist das der Fall, müssen diese mit der Abgabe der verspäteten Steuererklärung ebenfalls berichtigt werden.
Davon abgesehen kann die Selbstanzeige aus vielen weiteren Gründen unwirksam sein, z.B. weil eine Tatentdeckung vorliegt (vgl. § 371 Abs. 2 AO).


Dr. Christopher Arendt
, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht

089 / 54 714 3
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