Diessen – Es war einmal, so könnte man auch diese Geschichte beginnen lassen: vor nahezu 100 Jahren fasste die Vorstandschaft des Heimatvereins den ehrgeizigen Plan, im vereinseigenen Taubenturm ein Diessener Heimatmuseum einzurichten. Für kurze Zeit wurde dieses zu Teilen Realität, dann aber wegen Überfüllung zum Albtraum. Nach einigen ernsthaften Bemühungen um sinnvolle Ordnung blieb vom Museum ein Dachboden-Archiv. Dieses wird aktuell aufgelöst, um die teils wertvollen Stücke zur sachgerechten Konservierung und entsprechender Verwahrung an entsprechende Institutionen weiterzugeben.

1933, nachdem die letzte Mieterfamilie, die im Turm eine ärmliche Behausung gehabt hatte, in einer Ersatzwohnung untergebracht worden war, konnte mit der Umsetzung der Museumsidee begonnen werden. Ein Museumskonzept von 1935 gibt Auskunft über die Raumaufteilung: „Von den drei zur Verfügung stehenden Räumen enthält der erste Dokumente der einheimischen Handwerkskunst, der zweite zeigt die Auswirkungen und Vorbedingungen der alten Haus- und Familiengemeinschaft (Herd und Stube), der dritte ist Besprechungs- und Arbeitsraum und enthält vor allem einen gewaltigen Wandschrank zur Aufbewahrung der Bücherei. Ebenso sollen in diesem dritten Raum die naturwissenschaftlichen Sammlungen untergebracht werden." Im Laufe der Zeit füllte sich das Museum immer mehr, aber es wurde niemals offiziell eröffnet. Während des Zweiten Weltkrieges kamen die Aktivitäten des Heimatvereins praktisch vollkommen zum Erliegen. Doch auch nach dem Krieg blieb der Turm, von einigen kurzfristigen Ausstellungen 1947 und 1951 abgesehen, immer geschlossen. Die Räume waren vollkommen überfüllt, so dass man sich kaum mehr in ihnen bewegen konnte, und das Interesse an dem Taubenturm-Museum war weitgehend eingeschlafen.

Die Schicksalswende für den Taubenturm kam 1974: denn im Rahmen der Vorbereitungen auf die 650-Jahrfeier der Markterhebung 1976, wurde der Turm saniert. Mitglieder des Heimatvereins räumten das Museum aus und lagerten die Exponate im Stall des Traidkastens, der heutigen Kirche St. Stephan ein. Von dort kehrten nach der Sanierung nur die wichtigsten Stücke ins Dachboden-Archiv zurück, war sich doch die damalige Vorstandschaft grundsätzlich einig, den Turm nach der Sanierung nicht mehr als Museum, sondern für wechselnde Ausstellungen und Veranstaltungen zu nutzen.

Ein Dachboden ist jedoch auf Dauer kein Ersatz für eine sachgerechte Lagerung und so entschied die 2021 weitgehend neugewählte Vorstandschaft, die Sammlung aufzulösen und die mannigfaltigen Gegenstände in geeignetere Hände weiterzugeben. „Haushalts- und Handwerksgeräte, Photographien, Bücher, Textilien, Zeichnungen und Bilder, eigentlich alle Fundstücke aus dem Fundus mit einem klaren Ortsbezug nach Dießen sind ins Dießener Archiv gewandert", so Matthias Rodach der erste Vorsitzende des Heimatvereins. Auch verbleiben beispielsweise die Keramiken im Ort und wurden ins Keramikmuseum Lösche übergeben. Weitere Gemälde, Skizzen und Haushaltsgegenstände übernahm die Obere Denkmalschutzbehörde in Landsberg sowie das Stadtmuseum Weilheim. Einige sakrale Bildkunstwerke gingen in das Museum für Hinterglasmalerei und Glas nach Seehausen, das Winterhollermuseum in Dießen oder das Museum für Sepulkralkultur Kassel.Historische Fischereigeräte wurden an Paul Gastl von der hiesigen Fischereigenossenschaft übereignet und eine kleine Sammlung von historischen Trachten des 19. Und 18. Jahrhunderts gingen an das in Benediktbeuren angesiedelte Zentrum für Trachtengewand. Die Liste der Empfänger ließe sich noch fortsetzen, und dennoch bleibt einiges zurück: historisch gesehen unbedeutende Gegenstände, die aber dennoch schmuckvoll, kurios oder als Objekte der Erinnerung von Wert sind. Mit all diesen Gegenständen wird der Heimatverein Diessen e.V. am 02. April ab 15 Uhr eine öffentliche und theatralisch inszenierte Versteigerung in den Seeanlagen zu Gunsten einer Ukraine-Hilfsorganisation durchführen. www.heimatverein-diessen.de