Murnauc – Eine Zeitmaschine, wie sie H. G. Wells in seinem Roman aus dem Jahr 1895 beschrieben hat, gibt es bisher noch nicht. In Seehausen kann man trotzdem eine spannende und lehrreiche Zeitreise unternehmen: Das Staffelseemuseum im ehemaligen Pfarrhof führt seine Besucher zurück in vergangene Jahrhunderte. Neben der Dauer- gibt es auch noch eine interessante Sonderausstellung, die bis zum 25. September dauert. Bei der Führung durch das historische Pfarrhofgebäude aus dem Jahre 1777 zitiert Susanne Horak Wilhelm Busch: "Einszweidrei, im Sauseschritt läuft die Zeit; wir laufen mit."
Die Archivarin des Seehauser Heimat- und Museumsvereins ist ehrenamtlich tätig und ist der Ansicht, "dass eine Zeitreise durch die Geschichte unseres Dorfes besonders für jüngere Menschen wichtig ist". Wo kommen wir her? Wie haben sich Traditionen entwickelt? Was macht der Zahn der Zeit zum Beispiel mit den schönen Hinterglasbildern im Museum, deren Farbpigmente sich allmählich auflösen? Horak hält es für wichtig, "dass man Dinge buchstäblich begreifen kann, die mit der Zeit verschwinden". Junge Leute seien es heute gewohnt, sich ihre Lektüre oder Musik auf elektronischem Weg zu besorgen, "aber wir zeigen hier Exponate, die zum Teil Jahrhunderte alt sind". So unter anderem Ausgrabungsstücke von der Insel Wörth, die möglicherweise früher Bischofssitz war. Die Frühzeit des Fremdenverkehrs am Staffelsee schildert eine aktuelle Sonderausstellung.
Horak: "Dazu hatte ich die Idee, als ich alte Gästebücher des Gasthofs Stern durchforstete." In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zog es viele Adelige aus der stickigen Stadt hinaus aufs Land; mit der Verlängerung der Bahnlinie von Weilheim nach Murnau 1879 kamen auch vermehrt die Städter. Eine Auswahl dieser illustren Sommerfrischler wird im Museum vorgestellt, so die Schauspielerin Margarete Haagen (1889 - 1966). Sie war in den 1950er-Jahre als Oma Jantzen vom Pferdegestüt Immenhof einem breiten Kinopublikum bekannt; Erholung von den Dreharbeiten fand sie in der Pension Probst direkt am Staffelsee. Wie sehr sich die Zeiten geändert haben, macht eine Preisliste des ehemaligen Kur- und Moorbads St. Uli deutlich. Darin werden unter anderem ein elektrisches Vierzellenbad oder eine Darm-Faradisation "zu mässigen Preisen" angeboten, außerdem "Entfernungen von unliebsamen Fettansätzen an jeder gewünschten Stelle". Historische Schwarzweiß-Postkarten, Broschüren und Plakate - "sowas fasziniert mich und muss bewahrt werden", findet Horak. Ihr geht es auch um die Wertschätzung solch stummer Zeitzeugen, "die manche Leute als altes Glumpp einfach wegschmeißen". Die Geschichte des Museums in Seehausen begann im Jahr 2000, als in der Dorfstrasse ein Heimatmuseum eröffnet wurde. Später schloss die Kommune mit der Diözese Augsburg einen Erbpachtvertrag für den alten Pfarrhof, der über 70 Jahre läuft. "In die Neugestaltung und Neukonzeption investierte der Verein bislang zirka 300.000 Euro", sagt Horak, "darüber hinaus steckte die Gemeinde Seehausen den gleichen Betrag in den Umbau und die Ertüchtigung des Gebäudes."
Diese wurden Anfang 2018 für Besucher eröffnet. Beim 20. Bayerischen Museumstag gab es den Bayerischen Museumspreis 2019 in der Kategorie „ehrenamtlich geführte Museen".
Die Öffnungszeiten in Seehausen sind Donnerstag bis Sonntag und an Feiertagen jeweils von 14 Uhr bis 18 Uhr, der Eintrittspreis für alle Besucher ab 16 Jahren beträgt drei Euro. Führungen außerhalb dieser Zeiten bietet Susanne Horak unter der Telefonnummer 08841/629 789 (ab 18:00 Uhr) an. Text: Peter Stöbich, Fotos Stöbich / privat
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